Verwirkung einer Kündigungsschutzklage

Haufe Online Redaktion • 12. November 2024
Wenn ein Kläger nicht nur die Klagefrist nach § 4 KSchG versäumt, sondern darüber hinaus auch noch die später erhobene Kündigungsschutzklage zurücknimmt, hat er das Recht verwirkt, sich später auf die Unwirksamkeit der Kündigung nach § 174 BGB wegen fehlender Vollmacht zu berufen.

Der Kläger war seit dem 1.2.2022 bei der Beklagten beschäftigt. Mit Schreiben vom 19.2.2022, einem Samstag, das dem Kläger am gleichen Tag persönlich übergeben worden ist, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 7.3.2022 "innerhalb der Probezeit". Dem Kündigungsschreiben war ein weiteres Schreiben (wohl in Kopie) mit dem Datum vom 18.5.2021 beigefügt. Dieses war von beiden Geschäftsführern der Beklagten unterzeichnet und enthielt die Information, dass der Hausleiter, Herr A. S. berechtigt sei, selbstständig Einstellungen und Entlassungen vorzunehmen.

Nachdem mit Schreiben vom 23.2.2022 der Kläger die Kündigung mangels Vorlage einer Originalvollmacht unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 174 BGB zurückwies, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis abermals mit Schreiben vom 8.3.2022 zum 23.3.2022. Dabei wich das Schriftbild unter der 2. Kündigung deutlich von dem der 1. Kündigung ab.

Der Kläger erhob Klage gegen beide Kündigungen, welche seit dem 15.3.2022 beim Arbeitsgericht anhängig war. Nach einem Hinweis des Arbeitsgerichts, dass die Klage gegen die 1. Kündigung nach dem Maßstab des § 4 KSchG zu spät erhoben worden sei, hat der Kläger mit einem weiteren Schriftsatz von Mitte April, somit erst 6 Wochen später, den Antrag aus der Klageschrift, mit dem er sich gegen die Kündigung vom 19.2.2022 gewandt hatte, zurückgenommen und beantragte nun, nur noch festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 8.3.2022 nicht aufgelöst worden sei.

Verwirkung des Rechts, sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen
Die Klage hatte einen Erfolg. Das LAG Köln entschied, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der fristgerechten und wirksamen Probezeitkündigung der Beklagten vom 19.2.2022 bereits zum 7.3.2022 beendet worden sei, so dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung mehr hatte, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 8.3.2022 nicht beendet worden war. Da das Arbeitsverhältnis nicht mehr bestanden hatte, war die Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 8.3.2022 unbegründet.

Das Gericht führte aus, dass es vorliegend unerheblich sei, ob die Kündigung unter einem formal- oder materiell-rechtlichen Mangel gelitten habe. Der Kläger hatte das Recht, sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen, nach § 242 BGB verwirkt.

Verstreichen der Klagefrist nach § 4 KSchG
Zum einen hatte der Kläger die Klagefrist des § 4 KSchG verstreichen lassen, so dass er durch "Nichtstun" eine gesetzliche Fiktion, die rückwirkend geltende Wirksamkeit der Kündigung, hatte eintreten lassen.

Rücknahme der Kündigungsschutzklage
Zum anderen hatte er aktiv gegenüber dem Gericht und der gegnerischen Prozesspartei zum Ausdruck gebracht, dass er sich gegen die Wirksamkeit der Kündigung vom 19.2.2022 nicht mehr wehren werde. Somit ging es hier nicht um einen Fall der Fristversäumnis oder der Klagerücknahme, sondern um den kumulativen Fall der Fristversäumnis und der Klagerücknahme. Insofern lagen beide Voraussetzungen der Verwirkung, das Zeitmoment und das Umstandsmoment, dadurch vor, dass der Kläger nicht nur die 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG hatte verstreichen lassen (Zeitmoment), sondern er hatte auch zusätzlich durch die Klagerücknahme die Rechtsfolge des § 7 KSchG noch einmal bestätigend ausgelöst (Umstandsmoment).

(LAG Köln, Urteil vom 2.5.2024, 6 Sa 274/23)
von Anke Mächler-Poppen BGM-Beraterin und DHfPG/BSA-Dozentin 8. Mai 2025
Die Gallup Studie zeigt erschreckende Zahlen: 50 % der Beschäftigten überlegen, innerhalb des nächsten Jahres den Arbeitgeber zu wechseln. Die Ursachen dafür sind vielschichtig, das Thema Motivation spielt aber eine große Rolle. Motivationskultur im Unternehmen stärken: Kleine Stellschrauben mit großer Wirkung Um die Motivation zu stärken gibt es verschiedene Ansatzpunkte, die entsprechend der Branche und Unternehmensgröße zum Einsatz kommen können. Leistungsbereite und engagierte Beschäftigte sind keine Selbstverständlichkeit. Angesichts steigender Anforderungen und zunehmender Komplexität gewinnen Motivation und Arbeitszufriedenheit zunehmend an Bedeutung. Unternehmen, die gezielt in motivierende Arbeitsbedingungen investieren, können nicht nur die Produktivität, sondern auch die psychische Gesundheit ihrer Beschäftigten stärken. Viele Unternehmen setzen noch immer primär auf finanzielle Anreize, wenn es um Mitarbeiterbindung geht. Dies wird jedoch häufig überschätzt. Nachhaltige Motivation entsteht vielmehr durch sinnstiftende Aufgaben, Wertschätzung und Entwicklungsmöglichkeiten. Beschäftigte, die einen Beitrag zum großen Ganzen erkennen können, zeigen langfristig höhere Leistungsbereitschaft und Zufriedenheit. Arbeitsplatzgestaltung als Motivationsfaktor Ein zentraler Ansatzpunkt ist die Optimierung der Arbeitsbedingungen. Autonomie, klare Zielsetzungen und funktionierende Feedbackmechanismen sind essenzielle Elemente einer motivierenden Arbeitsumgebung. Beschäftigte, die selbst Entscheidungen treffen können und regelmäßiges, konstruktives Feedback erhalten, steigern ihre Selbstwirksamkeit – ein Schlüssel zur intrinsischen Motivation. Auch kleine Veränderungen können eine große Wirkung entfalten: Dazu gehören etwa das partizipative Festlegen von Zielen, gezieltes Feedback oder eine bewusst wertschätzende Sprache im Arbeitsalltag. Diese Elemente sind oft einfach umsetzbar, zeigen jedoch eine erhebliche Wirkung auf die Motivation. Rolle der Führungskraft: Vorbildfunktion und Selbstführung Führungskräfte sind zentrale Multiplikatoren für Motivation und Engagement. Sie prägen nicht nur die Unternehmenskultur, sondern beeinflussen durch ihr eigenes Verhalten maßgeblich die Motivation ihrer Teams. Insbesondere die Fähigkeit zur positiven Selbstführung – also ein bewusster Umgang mit den eigenen Ressourcen, Zielen und Werten – wirkt sich unmittelbar auf die Führungskompetenz aus. Werte, Kommunikation und Unternehmensleitbild Einige Unternehmen haben mit gezielten Maßnahmen bereits messbare Erfolge erzielt. Dazu gehören etwa die Einführung partizipativer Führungsmodelle, kurze tägliche Feedbackrunden oder die Integration von Motivationsimpulsen in Teambesprechungen. Entscheidendes Element: Die Maßnahmen wurden konsequent an den Bedürfnissen der Beschäftigten ausgerichtet und regelmäßig evaluiert. Neben den erläuterten Maßnahmen ist es auch wichtig, die sich in der heutigen Zeit ständig verändernden Rahmenbedingungen zu berücksichtigen und auch situativ auf diese mit sowohl fortlaufenden als auch temporären Maßnahmen einzugehen. Motivation entsteht nicht zufällig – sie ist das Ergebnis bewusst gestalteter Arbeitsbedingungen. Bereits kleine Maßnahmen können eine große Wirkung zeigen.
von Dr. Joerg Hensiek Journalist und PR-Berater, Schwerpunkte Arbeitsschutz, Forst- und Holzwirtschaft 8. Mai 2025
Regelmäßige Betriebsbegehungen sind ein wichtiger Beitrag zur Umsetzung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Unternehmen. Durch sie entsteht ein umfassendes und realistisches Bild von den tatsächlichen Arbeitsbedingungen und Gefährdungen im Betrieb. Aber was genau ist unter eine Betriebsbegehung zu verstehen und wie muss sie am besten organisiert und durchgeführt werden? Was ist eine Betriebsbegehung? Ziele und Nutzen Durch Betriebsbegehungen werden alle Bereiche eines Unternehmens in regelmäßigen Abständen systematisch auf die einwandfreie, vollständige sowie gesetzes- sowie normkonforme Umsetzung aller Arbeitsschutzmaßnahmen überprüft. Mit einer Betriebsbegehung wird analysiert, wo potentielle Gefährdungen bzw. Gesundheitsrisiken bestehen oder entstehen könnten und wie man diese beheben oder bereits im Vorfeld vermeiden kann. Betriebsbegehungen sind auch zentraler Bestandteil von internen Audits. Unternehmen, die bereits Arbeitsschutzmanagement-Systeme eingeführt haben, können mittels der Betriebsbegehungen im Rahmen der internen Auditierung zusätzlich feststellen, ob bestimmte Arbeitsschutzprozesse im Unternehmen noch verbesserungsbedürftig sind, ob sie mit anderen betrieblichen Prozessen gut abgestimmt sind oder ob sie noch weiter optimiert werden können. Gibt es Unterschiede zu Arbeitsplatzbegehungen und Betriebsbesichtigungen? Betriebsbegehungen werden immer von Angehörigen des eigenen Betriebs durchgeführt. Dadurch unterscheiden sie sich von den überbetrieblichen Betriebsbesichtigungen der Berufsgenossenschaften und Gewerbeaufsichtsämter (Ämter für Arbeitsschutz). Der Unterschied zu Arbeitsplatzbegehungen dagegen ist in erster Linie eine Frage des Aufwands. Die Vorbereitungen und Nachbereitungen für eine Betriebsbegehung sind wesentlich größer, denn sie untersucht den gesamten Betrieb, nicht lediglich bestimmte Bereiche oder Arbeitsplätze. Darüber hinaus werden bei einer Arbeitsplatzbegehung nur die offen sichtbaren Fehler festgestellt, beispielsweise die Überprüfung des Zustands der Maschinen oder ob alle Persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) vollständig deponiert sind. Die Betriebsbegehung dagegen geht „tiefer“, es ist quasi die Qualitätssicherung des Arbeitsschutzes in einem Betrieb. In ihm werden auch alle organisatorischen Abläufe überprüft, die bei einer einfachen (und daher eher „oberflächlichen“) Arbeitsplatzbegehung nicht so schnell erkennbar wären. Wann ist eine Betriebsbegehung durchzuführen? Über zeitliche Vorgaben für die Durchführung einer Betriebsbegehung macht kein Arbeitsschutz-Regelwerk eine konkrete Aussage. Im Arbeitssicherheitsgesetz heißt es lediglich, dass diese auf regelmäßiger Basis („regelmäßig“) erfolgen müssen. Damit liegt die zeitliche Terminierung einer Begehung mehr oder weniger allein in der Verantwortung des Arbeitgebers, der sich dabei an der Größe seines Unternehmens und dem jeweiligen dort herrschenden Gefährdungspotenzial orientieren sollte. Wer muss an der Betriebsbegehung teilnehmen? Teilnehmer der Betriebsbegehung sind in der Regel die Fachkraft für Arbeitssicherheit, der Betriebsarzt, eine Führungskraft aus der zu begehenden Abteilung und ein Vertreter des Betriebs- bzw. Personalrats. Es ist empfehlenswert, auch die Sicherheitsbeauftragten des Unternehmens hierbei einzubeziehen. In kleineren Unternehmen ist auch der Betriebsinhaber oft bei der Begehung dabei. Aus Motivationsgründen bzw. Imagegründen für den betrieblichen Arbeitsschutz ist es ratsam, diese Praxis auch in größeren Unternehmen anzuwenden. Welche Pflichten hat der Arbeitgeber? Wie in allen Bereichen des Arbeitsschutzes haben die Unternehmer bzw. Arbeitgeber auch die Hauptverantwortung für die korrekte und regelmäßige Durchführung der Betriebsbegehung. Es gibt für sie aber keine gesetzliche Verpflichtung, eine Betriebsbegehung in bestimmten zeitlichen Abständen durchzuführen oder selbst an ihnen teilzunehmen. Betriebsbegehung als Teil der Gefährdungsbeurteilung Eine Betriebsbegehung ist ein Instrument der vom Arbeitsschutzgesetz geforderten Gefährdungsbeurteilung. Das im Rahmen der Betriebsbegehung erstellte Mängelprotokoll ist integraler Bestandteil der Dokumentation über die Gefährdungsbeurteilung und deren Ergebnisse. Während der Begehung werden alle Faktoren berücksichtigt, die am Arbeitsplatz zu einer Gefährdung für die Beschäftigten oder den Betriebsablauf führen könnten. Dabei kann es sich beispielsweise um mechanische, biologische oder chemische Gefährdungen handeln. Weiterhin werden die Arbeitsbedingungen und Arbeitsabläufe vor dem Hintergrund des Arbeits- und Gesundheitsschutzes betrachtet. Hierzu gehören inzwischen auch psychische Belastungen für die Beschäftigten. Betriebsbegehung richtig durchführen: So ist der Ablauf Die Betriebsbegehung besteht aus mehreren Schritten, inklusive der Vor- und Nachbereitung. Im Folgenden ein Überblick über die vier wichtigsten Prozesse: Erstellung der Arbeitsdokumente: Im Vorfeld einer Begehung sollten unbedingt alle notwendigen Informationen vorliegen, beispielsweise über die rechtlichen Anforderungen oder branchenspezifische Checklisten, Gefährdungskataloge, Belastungskataloge und Arbeitsblätter für alle relevanten Arbeitsmittel im Betrieb. Auf dieser Grundlage müssen die begehungsspezifischen Arbeitsdokumente erarbeitet werden. Diese sollte die Teilnehmer der Begehung entweder von der Geschäftsführung oder in Unternehmen mit Arbeitsmanagement-Systemen vom AMS-Koordinator erhalten oder bei Fehlen selbst erstellen. Folgende Arbeitsdokumente sollten vor Beginn der Begehung vorliegen: Prüfbericht zur Dokumentation Fragen-Liste für Interviews mit den Beschäftigten Formulare für die Berichterstattung über die Feststellungen Teilnehmerliste Liste aller eingesehenen Dokumente Die Arbeitsdokumente können in analoger oder digitaler Form erstellt werden. Jedes Arbeitsdokument sollte auf seine Zweckmäßigkeit durch folgende Fragen geprüft werden: Welche Tätigkeit bei der Begehung ist durch welche Arbeitsunterlage abgedeckt? Welche Informationen werden für jedes einzelne Arbeitsdokument benötigt? Wie gestaltet man die Arbeitsunterlage so, dass sie spätere Nutzer problemlos anwenden und weiterführen können? Befragung der Beschäftigten: Die anschließende Befragung von Beschäftigten in Interviewform ist vielleicht das wichtigste aller Instrumente der Begehung. Die Befragungen sollten im persönlichen Gespräch vor Ort durchführt werden, unter gewissen Umständen können aber auch mit Live-Schaltungen auf digitalem Weg die erforderlichen Informationen erfragt werden. Diese Punkte sollten die Teilnehmer vor und beim Interview mit den Beschäftigten beachten: Ausschließlich Personen für die Befragungen auswählen, die in Bereichen arbeiten, die Teil des geplanten Begehungsumfangs sind. Die Interviews nur innerhalb der Arbeitszeit der Informanten ausführen, nicht davor oder danach, damit diese möglichst ausführlich und bereitwillig Auskunft geben. Den Beschäftigten sollten ausschließlich Fragen hinsichtlich ihrer Aufgaben im Betrieb, ihrer Rolle im Arbeitsschutz-System des Unternehmens und bezüglich ihrer Einschätzung der Situation am Arbeitsplatz gestellt werden. Suggestivfragen möglichst vermeiden – Fragen also, welche die Antworten schon vorgeben oder zumindest in eine bestimmte Richtung lenken. Den Interview-Partnern sollte aus Transparenzgründen vor der Befragung offen und ehrlich erläutert werden, welchem Zweck die Befragung dienen soll. Die Ergebnisse der Befragung sollte das Begehungsteam zum Schluss kurz zusammenfassen. Dem Befragten sollte die Gelegenheit gegeben werden, diese Zusammenfassung zu bestätigen oder zu korrigieren. Da es aufgrund des begrenzten Zeitfensters für ein Begehung kaum möglich ist, alle möglichen Daten für die Auswertung zu sammeln und zu analysieren, sollte man sich auf eine Stichprobennahme beschränken. Die Stichprobe sollte möglichst 10-15 Prozent der in einer Abteilung arbeitenden Personen umfassen, in kleineren Unternehmen kann sie auch größer sein. Risikoermittlung: Die im Rahmen der Begehung gesammelten Daten müssen dann anhand der im Vorfeld festgelegten Kriterien (zum Beispiel rechtliche Anforderungen) bewertet werden, um Feststellungen (zum Beispiel Konformität mit rechtlichen Anforderungen, Nichtkonformität, potenzielle Verbesserungsmöglichkeiten, Mängel) treffen zu können. Die festgestellten Mängel oder Risiken werden auch als Abweichung bezeichnet. Aus diesen Abweichungen ergeben sich je nach Thema und Tätigkeiten sehr unterschiedliche Risiken. So können einige Abweichungen lebensgefährliche Auswirkungen haben, andere dagegen sind vergleichsweise als risikoarm einzustufen. Man sollte daher diese unterschiedlichen Risiken nach einem im Vorfeld festgelegten Bewertungsschlüssel gewichten bzw. klassifizieren. Allgemein gültige oder gar gesetzliche Bestimmungen für eine korrekte Vorgehensweise gibt es hierzu nicht. In vielen Mängellisten bzw. Abschlussberichten werden die Klassifikationen „Major = Schwerwiegende Abweichungen“ und „Minor = Leichte Abweichungen“ benutzt. Beispiele für mögliche Abweichungen aus sehr unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens sind: Überschreiten des Prüfzeitraumes bei Werkzeugen, Maschinen und Anlagen. Die Dokumentation der Unterweisungen erfolgt nicht regelmäßig. Für bestimmte Tätigkeiten wird nicht die dafür notwendige PSA zur Verfügung gestellt. Risikobewertung: Die bei der Begehung festgestellten Mängel bzw. Risiken müssen in einem Mängelprotokoll dokumentiert werden, das in der Regel von der Fachkraft für Arbeitssicherheit geführt wird. Bei der Mängel- bzw. Risikobewertung müssen zwei Kriterien berücksichtigt werden: „Eintrittswahrscheinlichkeit“ und „Schadensausmaß“. Dabei wird die Schadensschwere auf der x-Achse und die Eintrittswahrscheinlichkeit auf der y-Achse eingezeichnet. Als Kategorien für die Schadensschwere kann man zum Beispiel folgende Kriterien heranziehen: Leichte Verletzung oder Erkrankung, zum Beispiel kleine Schnittverletzungen. Mittelschwere Verletzung oder Erkrankung, zum Beispiel unkomplizierter Knochenbruch. Schwere Verletzung oder Erkrankung, zum Beispiel Querschnittslähmung. Todesgefahr. Die Beurteilung darüber, wie wahrscheinlich der Eintritt einer Erkrankung bzw. Verletzung ist und wie schwer die damit verbundene Gefährdung ist, erfolgt aber allein auf Basis des „gesunden Menschenverstands“ und der beruflichen Erfahrung der Begehungsteilnehmer. Aufgrund der Schadenschwere lässt sich schließlich die Priorität der Schutzmaßnahmen ableiten. Die Mängelliste wird nach Fertigstellung an die jeweiligen Abteilungen weitergeleitet. Diese bekommen Fristen gesetzt, bis wann sie diese Mängel abzustellen haben.
von Haufe Online Redaktion 8. Mai 2025
Am 1. Mai ist "Tag der Arbeit", ein gesetzlicher Feiertag in allen Bundesländern. Da der Tag 2025 auf einen Donnerstag fällt, bietet sich Beschäftigten die ideale Möglichkeit, durch einen Brückentag das Wochenende zu verlängern. Aber wie sieht das arbeitsrechtlich aus: Müssen Arbeitgeber Brückentage gewähren? An Brückentagen freinehmen ist beliebt. Die nächste Möglichkeit dazu haben Beschäftigte, wenn sie sich den Freitag nach dem Feiertag am 1. Mai 2025 freinehmen und so das Wochenende verlängern. Doch wer darf an den Brückentagen Urlaub nehmen, wenn alle frei haben wollen? Sucht man im Gesetz nach einer rechtlichen Grundlage für Brückentage, wird man nicht fündig. Die Erklärung dafür ist ganz einfach: Brückentage sind in arbeitsrechtlicher Hinsicht ganz normale Urlaubstage. Brückentag: Urlaubswünsche sind zu berücksichtigen Die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften finden sich folglich im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Auch in Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen können Regelungen zum Thema Urlaub enthalten sein. Nach § 7 Abs. 2 S. 1 Bundesurlaubsgesetz soll Urlaub grundsätzlich zusammenhängend gewährt werden. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wenigstens einmal jährlich eine längere Erholungsphase bekommen. Davon abgesehen, darf man die Urlaubstage frei auf das Kalenderjahr verteilen. Prinzipiell sind die Urlaubswünsche der Beschäftigten bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs vorrangig zu berücksichtigen, es sei denn, dass dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmenden, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Auf die Gewährung von Brückentagen zur Urlaubsoptimierung besteht kein grundsätzlicher Anspruch. Urlaub muss abgestimmt werden Niemand hat also einen Anspruch darauf, seinen Urlaub genau an dem gewünschten Brückentag zu nehmen und gewährt zu bekommen. Wann und ob der Urlaub gewährt wird, hängt in erster Linie von den Gegebenheiten im Betrieb und den Interessen der anderen Beschäftigten ab. Um Ärger mit den Kollegen oder Kolleginnen zu vermeiden, sollten Mitarbeitende den Urlaub mit ihnen abstimmen. Damit Urlaubswünsche vom Arbeitgeber berücksichtigt werden können, ist es ratsam, dass Arbeitnehmende den entsprechenden Urlaubsantrag möglichst frühzeitig und vorausschauend stellen. Sinnvollerweise sollte der Urlaub erst nach einer Urlaubserteilung verbindlich gebucht werden, um Probleme zu vermeiden. Widerruf von einmal gewährtem Urlaub Kann der Arbeitgeber den einmal gewährten Urlaub widerrufen, wenn sich die Umstände völlig überraschend geändert haben? Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung steht dem Arbeitgeber, wenn der Urlaub bereits erteilt wurde, kein pauschales Widerrufsrecht zu - hierfür fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Sobald der Urlaub einmal gewährt und festgelegt wurde, ist der Arbeitgeber grundsätzlich an seine Urlaubsgewährung gebunden und darf diesen nicht einfach widerrufen. (Lesen Sie dazu: Können Arbeitgeber Urlaub streichen, verweigern oder einseitig festlegen?). Urlaubsänderung: einvernehmlich oder in absoluten Ausnahmefällen Soll der festgelegte Urlaub – auf Veranlassung des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmenden – nachträglich geändert werden, bedarf es einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Lediglich in Ausnahmefällen kann der Urlaub ohne ausdrückliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien einseitig verlegt werden. Auf Arbeitgeberseite ist hierbei vor allem an Katastrophenfälle oder an den plötzlichen Ausfall einer größeren Zahl von Beschäftigten zu denken, durch den der Fortgang der Produktion gefährdet wäre. Die Wirkung der Festlegung kann allerdings kraft Gesetzes entfallen: wenn Beschäftigten die Arbeitsleistung im Urlaubszeitraum durch ein gesetzliches Tätigkeitsverbot unmöglich wird. Das hat das BAG bislang so für den Mutterschutz entschieden. Brückentage anordnen: Zwangsurlaub Wie aber ist die rechtliche Situation, wenn der Arbeitgeber einen Brückentag anordnet? Darf er seine Beschäftigten so einfach in "Zwangsurlaub" schicken, auch wenn diese vielleicht lieber arbeiten möchten? Grundsätzlich gilt hier: Der Arbeitgeber darf nur unter den Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 BUrlG den Urlaub entgegen der Urlaubswünsche von Arbeitnehmenden festlegen. Es müssen beispielsweise dringende betriebliche Belange vorliegen. Auch der Betriebsrat hat bei der Festlegung hier ein Mitbestimmungsrecht. Mit einer Betriebsvereinbarung kann für bestimmte Tage, also auch Brückentage, Betriebsruhe festgelegt werden. Brückentag: Urlaub oder Überstunden Für einen Brückentag muss üblicherweise Urlaub genommen werden. Existieren im Unternehmen Arbeitszeitkonten, muss die Berechtigung für das Abbuchen von Zeitguthaben für Brückentage in der Betriebsvereinbarung getroffen sein.
von Haufe Online Redaktion 30. April 2025
Routineaufgaben fallen weg, Teamentwicklung wird immer wichtiger und Führungskräfte müssen ihre Rolle neu denken: Wie KI die Arbeitswelt verändert, hat eine aktuelle Deloitte-Studie untersucht. Führungskräfte weltweit stehen vor einer doppelten Herausforderung: Sie müssen kurzfristige Ergebnisse liefern und gleichzeitig langfristige Resilienz aufbauen. Die Deloitte-Studie "Global Human Capital Trends 2025" zeigt, wie Unternehmen diese Balance finden können – und wo dringender Handlungsbedarf besteht. Für die Studie wurden fast 13.000 Geschäftsbereichs- und HR-Führungskräfte aus 93 Ländern befragt. Die Ergebnisse geben einen tiefen Einblick in den Wandel der Arbeitswelt – geprägt von technologischen Umbrüchen, steigenden Anforderungen an Führungskräfte und einem wachsenden Bedarf, Talententwicklung neu zu denken. Berufseinstieg: Routineaufgaben fallen weg Laut der Deloitte-Analyse geben 66 Prozent der Geschäftsbereichs- und Personalverantwortlichen an, dass junge Talente unzureichend qualifiziert sind, was vor allem auf fehlende Fertigkeiten zurückzuführen ist. Als Hauptursache für diese Entwicklung werden die veränderten Kompetenzprofile beim Berufseinstieg genannt. Denn: Künstliche Intelligenz (KI) stellt grundlegende Arbeitsstrukturen in der Wissensarbeit auf den Prüfstand, indem sie viele Routineaufgaben übernimmt, die einst für Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger vorgesehen waren. Dadurch verschwinden die gewohnten Möglichkeiten, sich mit Learning by Doing in den neuen Job einzuarbeiten. 73 Prozent der Führungskräfte und 72 Prozent der Mitarbeitenden fordern, neue Wege zu finden, um die Anforderungen von Unternehmen und die Möglichkeiten zur Kompetenzentwicklung in Einklang zu bringen. Die Führungsrolle im Wandel – unter hohem Druck Eine Schlüsselkomponente in der Talententwicklung ist die Neugestaltung der Führungsrolle. Dennoch berichten nur sieben Prozent der Unternehmen von spürbaren Fortschritten in diesem Bereich. Zugleich stehen die Führungskräfte selbst unter erheblichem Druck. Fast 40 Prozent ihrer Zeit verbringen sie mit administrativen Aufgaben und kurzfristiger Problemlösung, wodurch wenig Raum für Coaching und Talententwicklung bleibt. Tatsächlich widmen sie nur 13 Prozent ihrer Zeit der Entwicklung von Mitarbeitenden. 36 Prozent der Führungskräfte fühlen sich unzureichend auf ihre Führungsaufgaben vorbereitet, und 40 Prozent berichten von einer Verschlechterung ihrer mentalen Gesundheit nach Übernahme der Rolle. KI-Vorteile: Talente am Erfolg teilhaben lassen 52 Prozent der Führungskräfte bewerten die Zusammenarbeit von Mensch und KI als entscheidend für den künftigen Unternehmenserfolg. Eine moderne Employee Value Proposition (EVP), die den Mitarbeitenden Entwicklung in einer KI-geprägten Arbeitswelt ermöglicht, wird immer wichtiger. Über 70 Prozent der Befragten geben an, eher in einem Unternehmen zu bleiben, das genau das bietet. Die Studie zeigt zudem, dass Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden an den finanziellen Vorteilen der KI teilhaben lassen – etwa durch Bonuszahlungen oder Gehaltsanpassungen – fast sechsmal häufiger auch echten finanziellen Erfolg damit haben. Dennoch geben 77 Prozent der Organisationen an, in dieser Hinsicht bisher kaum etwas zu unternehmen. "Unternehmen, die kurzfristige Leistung mit langfristiger Resilienz der Beschäftigten in Einklang bringen, werden diejenigen sein, die langfristig erfolgreich sind", sagt Sebastian Pfeifle, Human Capital Lead im Consulting bei Deloitte Deutschland. "Die Herausforderung besteht nicht nur darin, KI einzuführen, sondern sie so einzusetzen, dass Arbeit für Talente und Führungskräfte besser gestaltet wird." Die Studie zeigt: Wer Talente fördert, technologische Potenziale klug nutzt und Führung neu denkt, wird sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil für die Arbeitswelt von morgen sichern.
von Haufe Online Redaktion 26. März 2025
Überstunden sind einer Befragung des Deutschen Gewerkschaftsbunds zufolge für 44 Prozent der Beschäftigten an der Tagesordnung. Knapp ein Viertel der Befragten arbeitet pro Woche mehr als fünf Stunden länger als vertraglich vereinbart. Der Report zeigt auch, dass Überstunden im Homeoffice häufiger vorkommen. Die Zahlen gehen aus der Ausgabe 02/2025 des DGB-Index Gute Arbeit "Kompakt" hervor, die sich dem Thema Überstunden widmet. Dafür ließ der Gewerkschaftsbund die Antworten von gut 31.000 Beschäftigten auswerten, die in den Jahren 2020 bis 2024 Auskunft zu ihren Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen gaben. Ergänzt werden die Daten durch Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB). 1,2 Milliarden Überstunden im Jahr 2024 In den vergangenen Jahren ist das Volumen der insgesamt in Deutschland pro Jahr geleisteten Überstunden zurückgegangen. Die Berechnungen des IAB weisen für das Jahr 2024 etwa 1,2 Milliarden Überstunden aus. Das Überstundenvolumen liegt damit immer noch auf einem hohen Niveau: Arbeitnehmende in Deutschland haben 2024 Überstunden in einem Umfang geleistet, der mehr als 750.000 Vollzeitstellen entspricht. Die Befragung des Deutschen Gewerkschaftsbunds unter Beschäftigten in Deutschland macht deutlich: für 44 Prozent sind Überstunden an der Tagesordnung. 20 Prozent der Befragten arbeiten demnach durchschnittlich eine bis fünf Stunden länger pro Woche als vertraglich vereinbart, weitere 24 Prozent machen mehr als fünf Überstunden. Bei 10,1 Prozent der Beschäftigten in Vollzeit beträgt die Arbeitszeit samt Überstunden mehr als 48 Stunden pro Woche. Überstunden-Erhebung des DGB: Zentrale Ergebnisse Im Homeoffice sind Überstunden häufiger: Von denen, die immer oder gelegentlich zu Hause arbeiten, leisten der Befragung zufolge 52 Prozent durchschnittlich mehr als eine Überstunde. Bei Beschäftigten ohne Homeoffice sind es 31 Prozent. Je höher die Qualifikation, desto häufiger Überstunden: Bei einfachen Tätigkeiten kommen 66 Prozent der vom DGB Befragten ohne Zusatzarbeit aus. Bei Tätigkeiten, für die man einen Hochschulabschluss braucht, sind es nur 42 Prozent. Je stärker die Verdichtung der Arbeit und der Zeitdruck, desto seltener ist alles in der regulären Arbeitszeit zu schaffen: Von jenen, die bei ihrer Arbeit keinen Druck fühlen, sagen 16 Prozent, sie hätten mehr als fünf Überstunden pro Woche. Bei den Beschäftigten, die sich oft gehetzt fühlen, sind es 37 Prozent. Mehr als die Hälfte der Überstunden ist unbezahlt Vier von zehn Befragten gaben an, zumindest gelegentlich außerhalb der normalen Arbeitszeit unbezahlte Arbeit für ihren Betrieb zu erledigen. 15 Prozent tun dies nach eigenen Angaben sehr oft oder oft. Der DGB ergänzt unter Berufung auf Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB, dass 53,6 Prozent aller Überstunden im Jahr 2024 unbezahlt geleistet worden seien. Steuerliche Anreize für Überstunden: Kritik an Plänen von Union und SPD DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel kritisierte, dass Union und SPD in ihren Koalitionsgesprächen anvisierten, Überstunden noch mehr anzureizen, etwa mit Steuervorteilen. "Zusammen mit der offenbar geplanten Abschaffung des 8-Stunden-Tags ist das ein Giftcocktail für die Gesundheit und Leistungskraft von Beschäftigten", sagte Piel. Da mehr als die Hälfte aller Überstunden nicht vergütet würden, würde eine Steuerfreiheit den Beschäftigten nichts bringen, fügte sie hinzu. In ihrem Sondierungspapier hatten CDU/CSU und SPD festgehalten: "Damit sich Mehrarbeit auszahlt, werden Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen, steuerfrei gestellt." Und weiter: "Wir werden einen neuen steuerlichen Anreiz zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten schaffen: Wenn Arbeitgeber eine Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit zahlen, werden wir diese Prämie steuerlich begünstigen."
von Adrian von Nostitz Prokurist, CMO & CSO bei givve 26. März 2025
Eine gute Work-Life-Balance ist nicht nur für Mitarbeitende relevant, sondern auch für Unternehmen essenziell. Manchmal kann ein überdurchschnittlicher Einsatz über die reguläre Arbeitszeit hinaus erforderlich sein. Doch eine gesunde Balance zwischen Berufs- und Privatleben ist wichtig, damit Mitarbeitende langfristig produktiv und engagiert bleiben. In vielen Unternehmen herrscht noch immer eine Kultur, in der Pausen oder ein pünktlicher Feierabend kritisch beäugt werden. Diese Haltung ist kontraproduktiv: Wer konstant auf Höchstleistung arbeitet, braucht auch gezielte Regenerationsphasen. Es geht nicht darum, Arbeit zu vermeiden, sondern darum, Leistung und Erholung in ein sinnvolles Gleichgewicht zu bringen. Führungskräfte sollten darauf vertrauen, dass ihre Mitarbeitenden diese Balance eigenverantwortlich gestalten, um so dauerhaft leistungsfähig zu bleiben. Balance zwischen Leistung und Regeneration Wer genügend Zeit für Erholung und persönliche Aktivitäten hat, wird motivierter, kreativer und langfristig zufriedener im Job. Eine gesunde Balance zwischen Leistung und Regeneration sowie Berufs- und Privatleben reduziert außerdem Krankheitsausfälle und steigert die Mitarbeiterbindung – fühlen Mitarbeitende sich im Unternehmen wohl und haben sie das Gefühl, dass ihre Gesundheit ernst genommen wird, bleiben sie auch eher langfristig an Bord. Tipps für eine ausgewogene Work-Life-Balance Genau hier liegt die Chance für Unternehmen: Wenn Sie eine Kultur schaffen, die die Balance von Arbeit und Privatleben respektiert sowie Selbstfürsorge fördert, profitieren am Ende alle. Die folgenden Tipps können zu einem Wandel beitragen. 1. Definieren Sie klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit In der digitalen Welt verschwimmen oft die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit. Signalisieren Sie Ihren Mitarbeitenden klar, dass sie außerhalb der Arbeitszeiten keine E-Mails oder Nachrichten beantworten müssen. Eine strikte Trennung von Berufs- und Privatleben hilft, das psychische Wohlbefinden zu erhalten und eine nachhaltige Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. 2. Steuern Sie Überstunden bewusst Überstunden sind in leistungsorientierten Teams manchmal notwendig, sollten aber kein Selbstzweck sein. Sie sind kein reines Zeichen von Engagement oder Erfolg, sondern ein Mittel, um ambitionierte Ziele zu erreichen. Entscheidend ist, dass Überstunden gezielt und mit Augenmaß eingesetzt werden. Wenn Mitarbeitende regelmäßig Überstunden leisten, sollte dies nicht automatisch als positiv bewertet werden. Stattdessen gilt es zu prüfen, ob Prozesse effizient gestaltet sind und ob das Team die notwendige Flexibilität hat, um nach intensiven Phasen bewusst für Ausgleich zu sorgen. Eine gesunde Work-Life-Balance bedeutet nicht, Überstunden kategorisch zu vermeiden, sondern sie sinnvoll in ein leistungsförderndes Gesamtmodell zu integrieren. 3. Fördern Sie Pausen und Erholungszeiten Es ist wichtig, dass Mitarbeitende während des Arbeitstages Pausen machen und eine gesunde Mahlzeit zu sich nehmen, um ihre Energie aufzuladen und ihre Produktivität zu steigern. Dies können Sie beispielsweise mit dem Essenszuschuss fördern. Stellen Sie klar, dass Pausen nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht sind. Führungskräfte sollten mit gutem Beispiel vorangehen, sodass Mitarbeitende diesen Vorbildern folgen können, ohne negative Konsequenzen zu fürchten. 4. Ermöglichen Sie flexible Arbeitszeiten Flexibilität ist ein zentraler Aspekt einer ausgewogenen Work-Life-Balance. Ob Frühaufsteher oder Nachtmensch – sofern der Arbeitsplatz diese zulässt, helfen flexible Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit oder Teilzeit Mitarbeitenden dabei, ihren Arbeitsalltag an ihre persönliche Lebensweise anzupassen. Arzttermine wahrzunehmen, Familie und Beruf zu vereinbaren und sich mit Freunden zu treffen, gelingt dadurch leichter. Gesunde Leistungskultur für eine gute Work-Life-Balance 5. Bieten Sie die Option, im Homeoffice zu arbeiten Homeoffice ist für viele Mitarbeitende, insbesondere Eltern oder Pendler, ein großer Vorteil. Der Wegfall des Arbeitswegs spart Zeit und Energie. Die Möglichkeit, private Aufgaben flexibel einzuplanen, erhöht die Zufriedenheit. Auch Unternehmen profitieren: In einer ruhigen Umgebung ohne Ablenkungen durch Großraumbüros oder spontane Meetings arbeiten viele Mitarbeitende fokussierter und effizienter. Ohne die typischen Unterbrechungen des Büroalltags können anspruchsvolle Aufgaben schneller und mit höherer Qualität erledigt werden. Selbst einzelne Homeoffice-Tage steigern oft die Produktivität. 6. Richten Sie Erholungsräume im Büro ein Wo können Ihre Mitarbeitenden eine erholsame Pause machen und kurz abschalten? Haben Sie dafür geeignete Räumlichkeiten? Ein angenehmer und hübsch gestalteter Pausenraum mit bequemen Sitzgelegenheiten, Sonnenlicht und Pflanzen kann die Erholung fördern. Vielleicht haben Sie Mitarbeitende, die sich für die Einrichtung eines Pausenraums begeistern würden? Beziehen Sie Ihr Team hier mit ein, das motiviert zusätzlich! 7. Fördern Sie Gesundheit und Wellbeing Bieten Sie Programme an, die die körperliche und geistige Gesundheit unterstützen – seien es Fitnessangebote, gesunde Snacks oder Workshops zur Stressbewältigung. Auch Zugang zu psychologischer Unterstützung oder Meditationsgruppen können Ihren Mitarbeitenden helfen, zur inneren Ruhe zu finden und mit frischer Energie durchzustarten. 8. Schaffen Sie ein Bewusstsein für eine gesunde Leistungskultur Ein leistungsstarkes Team braucht eine Kultur, in der sowohl Engagement als auch Erholung ihren Platz haben. Daher sollte es selbstverständlich sein, dass sich Mitarbeitende ohne Rechtfertigungsdruck für ihre Erholung und Gesundheit einsetzen. Führungskräfte können dieses Bewusstsein fördern, indem sie den offenen Austausch über nachhaltige Leistung, Belastungsspitzen und gezielten Ausgleich anregen. Klare Kommunikation und praxisnahe Beispiele helfen dabei, eine respektvolle, leistungsorientierte und zugleich gesunde Unternehmenskultur zu stärken. Ausgewogene Work-Life-Balance stärkt Produktivität Die gesunde Balance zwischen Berufs- und Privatleben steigert Zufriedenheit, Motivation und Produktivität. Das hält Mitarbeitende nachhaltig leistungsfähig und macht Unternehmen zu attraktiven Arbeitgebern.
von Haufe Online Redaktion 26. März 2025
Die Initiative Joblinge hat sich zur Aufgabe gemacht, die Chancen bei der Ausbildungsplatzsuche zu verbessern. Seit kurzem hat sie in München ein neues Basecamp, unterstützt von fünf Großunternehmen. Sie wollen damit ein Zeichen setzen für Nachwuchssicherung und Chancengleichheit. Zuletzt blieben laut Bundesinstitut für Berufsbildung 69.400 Ausbildungsstellen in Deutschland unbesetzt. Gleichzeitig hatten 70.400 Ausbildungsplatzsuchende am Stichtag 30. September 2024 noch keine Lehrstelle gefunden. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von fehlender Berufsorientierung bis zu Lernhemmnissen, von fehlender Motivation bis zu Bewerbungsfehlern. Auch während der Lehrzeit läuft es nicht richtig gut. Fast 30 Prozent aller Ausbildungen werden abgebrochen. Insgesamt zählt die Bertelsmann Stiftung fast 630.000 junge Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren, die weder in Arbeit, Ausbildung noch Schule sind – das entspricht 7,5 Prozent aller Heranwachsenden in diesem Alterssegment. Schon 2008 wurde die gemeinnützige Initiative Joblinge gegründet, um den Übergang zwischen Schule und Beruf zu verbessern. Rund 25.000 junge Menschen wurden seitdem begleitet, davon allein 18.000 im Kernprogram. Mit Erfolg: 77 Prozent der dort unterstützten jungen Menschen starten erfolgreich in die Ausbildung, 84 Prozent davon überstehen die Probezeit und münden in ihren Betrieb ein. Joblinge: Azubis aktivieren, vermitteln und begleiten Die Initiative Joblinge ist deutschlandweit aktiv und steht auf den drei Standbeinen Aktivieren, Vermitteln und Begleiten. Im Basecamp in München, das Ende März offiziell eröffnet wurde, gibt es Begleitung und Unterstützung, zum Beispiel in Form von Nachhilfe oder Prüfungsvorbereitung. Das Basecamp soll zur Communitybildung und Vernetzung der Azubis beitragen und ermöglichen, dass sie sich mit einer "neutralen Person" austauschen können, wenn es um Ausbildungsinhalte oder Konfliktsituationen im Betrieb geht. Es wird Workshops und Trainings geben, zum Beispiel zum Pflegen des Berichtshefts, zu Konfliktmanagement oder mentaler Gesundheit. Auch IT-Bootcamps oder Peer-Learning-Formate sind geplant. Ein großer MINT-Bereich ist ebenfalls integriert, um die Freude an den Naturwissenschaften zu fördern. Zusätzlich werden sogenannte Plan A-Aktivitäten durchgeführt, für die Ansprache und Aktivierung potenzieller neuer Auszubildender. Joblinge - Basecamp München Das Basecamp der Joblinge-Initiative in München. Allianz, BMW, Infineon, Lufthansa und Siemens agieren gemeinsam Die Hauptakteure des Münchner Basecamps heißen Allianz, BMW, Infineon, Lufthansa und Siemens. Sie haben sich zusammengetan, weil sie wirklich etwas verändern wollen. "Die Initiative kam zustande, weil im vergangenen Jahr viel darüber geschrieben wurde, was sich in Deutschland verändern muss. Deshalb haben wir und auch unsere CEOs gesagt: Wir sollten das auch anpacken", sagt Ilka Horstmeier, Vorstandsmitglied der BMW AG. Die Themen, die allen fünf Unternehmen auf der Seele liegen – trotz ganz unterschiedlicher Tätigkeitsfelder – sind Ausbildung, Fachkräftemangel und sozialer Zusammenhalt. Als gemeinsam zu unterstützendes Projekt entschieden sie sich für Joblinge. Der konkrete Plan ist, mit dem Münchener Basecamp die gemeinnützige Initiative auf neue, noch stärkere Beine zu stellen. "Wir wollen ein Zeichen setzen und tatsächlich etwas bewegen", so Markus Fink, CHRO bei Infineon. Ein Tenor der Eröffnungsveranstaltung: Es geht nicht nur darum, junge Menschen in Ausbildung zu bringen, sondern es geht auch darum, sie in die Gesellschaft zu integrieren und damit vorzubeugen, dass die Gesellschaft weiter auseinanderbricht. Erfahrungen gewinnen und Verantwortung übernehmen Durch die gemeinsame Arbeit an der Initiative haben sich auch die Personalverantwortlichen der fünf Unternehmen besser kennengelernt. Sie verständigten sich nicht nur darauf, was sie im Zuge des Joblinge-Basecamps bewirken wollen, sondern sie haben auch in andere Berufs- und Entwicklungsprogramme eingebracht. Dabei ist es ihnen wichtig, aktiv mitzuwirken. So ist beispielsweise ein Austausch mit Auszubildenden der Allianz mit den Münchener Basecamp-Teilnehmenden ist in Planung. "Es geht nicht nur darum, Geld zu geben, sondern auch darum, Erfahrungen zu gewinnen", sagt Bettina Dietsche, Chief People and Culture Officer der Allianz. Joblinge - Gruppenfoto der Initiatoren Die Initiatoren der Joblinge von Lufthansa, Siemens, Allianz, BMW, Infineon und Politik (v. l.) mit Kadim Tas, CEO des Joblinge e.V. (dritter von links). Das gilt übrigens nicht nur für Auszubildende aus den Unternehmen, sondern auch für Fach- und Führungskräfte. Diese bringen sich zum Beispiel als Nachhilfe-Lehrer, Mentoren oder Coaches ein. Die Unternehmen profitieren wiederum davon: "Die Menschen nehmen so viel mit zurück ins Unternehmen", so Ilka Horstmeier. BMW engagiert sich bereits seit 2008 bei den Joblingen. Siemens beteiligt sich seit über zehn Jahren an den Joblingen am Standort Berlin. In München will das Unternehmen sein Engagement weiter ausbauen, unter anderem durch Mentoring sowie der Einladung der Teilnehmenden zu Veranstaltungen wie dem Girls‘ Day und zu den Siemens Experience Days. "Wir sehen hier viele Anknüpfungspunkte", so Annette Kraus, Head of Social & Industrial Relations und Personalleiterin Deutschland. Denn eigentlich gehe es nicht nur darum, neue Auszubildende zu aktivieren, sondern um soziale Gerechtigkeit und gesellschaftliche Verantwortung, sagt sie. Wie Arbeitgeber sich beteiligen können Auch andere Ausbildungsunternehmen können sich an der Initiative Joblinge beteiligen – indem sie ihren bestehenden Azubis die Möglichkeit zum Austausch und zum Lernen aktiv anbieten, indem sie den Dialog mit anderen Ausbilderinnen und Ausbildern nutzen, indem sie Mitarbeitende für Coachings oder Nachhilfen zur Verfügung stellen oder indem sie an Ausbildungsmessen im Basecamp teilnehmen. Für sie ist ein solches Projekt oftmals noch viel wichtiger als für die Großen, denn diese können viele Dinge alleine stemmen, sei es die Weiterentwicklung von Ausbildungsberufen und Qualifizierungen, sei es das Konzipieren funktionierender Azubi-Marketingkampagnen. Ein klares Ja zur Ausbildung Obwohl große, bekannte Arbeitgebermarken kaum Probleme haben, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen, spüren auch die fünf Basecamp-Förderer ein rückläufiges Interesse an der dualen Berufsausbildung. "Die Herausforderungen werden größer, auch wenn wir als Arbeitgeber weiter sehr attraktiv sind", sagt Ilka Horstmeier von BMW. "Die Aufwendungen, uns als Unternehmen zu präsentieren, um Auszubildende zu bekommen, sind deutlich höher als vor einigen Jahren", ergänzt Bettina Dietsche. "Früher kamen die Leute automatisch zu uns, heute müssen wir zeigen, wofür wir stehen, was unsere Werte sind und wie sie sich bei uns entwickeln können", sagt sie. Auch wenn sich der Ausbildungsmarkt aktuell wieder etwas in Richtung Arbeitgebermarkt dreht, wollen sich die Unternehmen weiter stark für Ausbildung einsetzen. "Die Demografie wird in allen unseren Unternehmen zuschlagen und Ausbildung ist ein wichtiges Element, die Pipeline aufzufüllen", meint Markus Fink und fährt fort: "Deshalb darf man Ausbildung nicht nur im Hier und Jetzt denken, sondern muss mittel- bis langfristig planen. Ausbildung einfach ein- und ausschalten geht einfach nicht."
von Haufe Online Redaktion 26. März 2025
Im Streit um den Zugang einer Kündigung per Einwurfeinschreiben unterlag ein Arbeitgeber vor dem Bundesarbeitsgericht. Der vorgelegte Einlieferungsbeleg bei der Post mit Sendestatus genüge nicht, um den Zugang zu beweisen, machte das Gericht deutlich. Im vorliegenden Fall ging es um die Wirksamkeit der zweiten von insgesamt vier Kündigungen. Die Arbeitnehmerin, die seit Mai 2021 in einer Augenarztpraxis als medizinische Fachangestellte beschäftigt war, behauptete, diese Kündigung des Arbeitgebers nie erhalten zu haben. Der Arbeitgeber hatte ihr Mitte März 2022 fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Er warf der Angestellten vor, Coronaschutzimpfungen in den Impfausweis ihres Mannes eingetragen zu haben, die dieser nie erhalten habe. Zudem habe sie später mehrfach seine Patientenakte manipuliert, um ihre Pflichtverletzungen zu verschleiern. Die medizinische Fachangestellte räumte Fehler bei der Eintragung in die Patientenlisten ein, die ihrer Meinung nach aber nicht kündigungsrelevant seien. Der Arbeitgeber habe nicht beweisen können, dass ihr Ehemann keine Covidimpfung erhalten habe. Arbeitnehmerin bestreitet Zugang der Kündigung Zum Zeitpunkt des Zugangs des Kündigungsschreibens war die Arbeitnehmerin schwanger. Im weiteren Verlauf erteilte das Regierungspräsidium auf Antrag des Arbeitgebers Ende Juli 2022 seine Zustimmung zur Kündigung der Mitarbeiterin gemäß § 17 Abs. 2 MuSchG. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis Mitte Juli 2022 erneut außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zu Ende September 2022. Ob diese Kündigung der Arbeitnehmerin je zugegangen ist, ist allerdings streitig. Die Mitarbeiterin behauptete, diese Kündigung nie bekommen zu haben. Der Arbeitgeber verwies auf einen Zugang per Einwurfeinschreiben. Einwurfeinschreiben ohne Auslieferungsbeleg Er gab an, zwei Mitarbeiterinnen hätten das Kündigungsschreiben zusammen in einen Briefumschlag gesteckt, den eine Mitarbeiterin dann persönlich bei der Post als Einwurfeinschreiben aufgegeben habe. Ausweislich des im Internet abrufbaren Sendungsstatus sei das Schreiben mit der entsprechenden Sendungsnummer der Arbeitnehmerin am 28. Juli 2022 zugestellt worden. Insoweit bestehe ein Anscheinsbeweis, der durch das pauschale Bestreiten der Arbeitnehmerin nicht erschüttert werden könne. Dies müsse ausreichen, auch wenn er - da die Frist, innerhalb derer die Deutsche Post AG die Kopie eines Auslieferungsbelegs erteilt, abgelaufen war- keinen solchen vorlegen könne. BAG: Kein Beweis für Zugang einer Kündigung Vor dem Bundesarbeitsgericht ging es zuletzt nur noch darum, ob die zweite Kündigung des Arbeitgebers Ende Juli 2022 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgelöst hat. Wehrt sich eine Arbeitnehmerin gegen die Kündigung, indem sie behauptet, das Einwurfeinschreiben nicht erhalten zu haben, muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die Kündigung tatsächlich zugegangen ist. Das BAG entschied, dass der Arbeitgeber den von der Arbeitnehmerin bestrittenen Beweis für den Zugang der Kündigung nicht erbringen konnte. Die Kündigung konnte das Arbeitsverhältnis der Parteien somit nicht beenden, da das Wirksamwerden dieser Kündigung gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB deren Zugang bei der Arbeitnehmerin vorausgesetzt hätte. Der vom Arbeitgeber vorgelegte Statusbericht der Deutschen Post AG genügte nicht, um den Zugang zu beweisen, machte das BAG deutlich. Dieser Einlieferungsbeleg mit "Sendungsstatus" sei dem Auslieferungsbeleg in wesentlicher Hinsicht nicht gleichwertig und begründe deshalb keinen Beweis des ersten Anscheins für einen Zugang. Kündigung per Einwurfeinschreiben benötigt Auslieferungsbeleg Der vom Arbeitgeber vorgelegte Sendungsstatus ließ weder erkennen, an wen die Zustellung erfolgt sein sollte - ob persönlich an den Empfänger, an eine andere Person in dessen Haushalt oder als Einwurf in den Hausbriefkasten -, noch zu welcher Uhrzeit, unter welcher Adresse oder zumindest in welchem Zustellbezirk. Der Arbeitgeber habe angemessen Zeit gehabt, einen Auslieferungsbelegs anzufordern. Nach Auffassung des BAG reicht die Aussagekraft des Sendungsstatus folglich nicht aus, um auf ihn den Anscheinsbeweis des Zugangs zu gründen, auch nicht in Kombination mit einem dazu passenden Einlieferungsbeleg. Hinweis: BAG, Urteil vom 30. Januar 2025, Az. 2 AZR 68/24, Vorinstanz Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Dezember 2023, Az. 15 Sa 20/23
von Haufe Online Redaktion 26. März 2025
Im Jahr 2025 scheint autoritäre Macht ein Comeback zu erleben. Welche Formen von Macht und Führung in Unternehmen vorherrschen, untersucht das New-Work-Barometer 2025. Nehmen Sie jetzt an der Studie der SRH University und des Personalmagazins teil! Das Personalmagazin und Carsten C. Schermuly, Professor an der SRH University of Applied Sciences, führen das New-Work-Barometer bereits zum sechsten Mal zusammen durch. Praxispartner ist die Unternehmensberatung HR Pepper. Hier gelangen Sie zur Umfrage 2025 New-Work-Barometer 2025: Jetzt teilnehmen Das New-Work-Barometer 2025 widmet sich den beiden Schwerpunktthemen "Machtverteilung im Wandel" und "KI als New-Work-Player". Die Studie fragt unter anderem danach, welche Formen von Macht im eigenen Unternehmen vorherrschen und wie KI Empowerment fördern kann. Die Befragung läuft voraussichtlich bis zum 16. Mai 2025. Nehmen Sie sich 12 bis 15 Minuten Zeit und teilen Sie uns Ihre Meinung und Ihre Erfahrungen zu New Work und den entsprechenden Praktiken mit. Die Datenerhebung erfolgt selbstverständlich anonym. Hier gelangen Sie zur Umfrage 2025
von Haufe Online Redaktion 17. März 2025
Eine tarifvertragliche Regelung, nach der Beschäftigte mit dem Novembergehalt eine Jahressonderzahlung erhalten, ist eine zulässige Stichtagsregelung. Ein Mitarbeiter, der vorher aus dem Unternehmen ausscheidet, hat keinen Anspruch auf die Sonderzuwendung, entschied das LAG Mecklenburg-Vorpommern. Voraussetzung für den Anspruch auf eine Jahressonderzahlung ist oft, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Stichtag des Jahres noch besteht. Wer das Unternehmen vorher verlässt, hat damit keinen oder nur anteiligen Anspruch auf die Sonderzahlung. Wie im vorliegenden Fall eines Mechatronikers führt das häufig zu rechtlichen Auseinandersetzungen, wenn es innerhalb eines Jahres zur Kündigung kommt. Im konkreten Fall stritten die Parteien auf der Grundlage eines Haustarifvertrages darüber, ob dem Mitarbeiter im Austrittsjahr eine zumindest anteilige Jahressonderzahlung zu gewähren war. Der Fall: Ex-Mitarbeiter verlangt Jahressonderzahlung Der Arbeitnehmer, ein gelernter Mechatroniker arbeitete als Messschlosser in einem Eisenbahninstandhaltungswerk. Er kündigte, so dass das Arbeitsverhältnis Ende August 2023 endete. In der Folge kam es zum Streit um eine tariflich vorgesehene Jahressonderzahlung. Im geltenden Tarifvertrag ist in § 15 eine Jahressonderzahlung vorgesehen, die alle Mitarbeitenden in Höhe von 100 Prozent des Bruttomonatstabellenentgelts mit dem Novembergehalt ausgezahlt bekommen. Die Höhe der Sonderzahlung richtet sich danach, ob das Arbeitsverhältnis erst im laufenden Jahr oder schon zuvor begann. Im Eintrittsjahr berechnet sich die Jahressonderzahlung anteilig nach der Anzahl von vollen Beschäftigungsmonaten. Für das Austrittsjahr haben die Tarifvertragsparteien keine Regelung getroffen, insbesondere keine Quotelung entsprechend dem Eintrittsjahr vorgesehen. Da der Arbeitnehmer, das Unternehmen bereits Ende August verließ, verweigerte der Arbeitgeber ihm die Auszahlung der Sonderzahlung. Der Arbeitnehmer war dagegen der Ansicht, dass er für das Jahr 2023 Anspruch auf die volle Jahressonderzahlung habe, zumindest aber anteilig berücksichtigt werden müsse. Das Arbeitsgericht Stralsund wies die Klage des Arbeitnehmers ab. Auch vor dem LAG Mecklenburg-Vorpommern blieb der Arbeitnehmer ohne Erfolg. Kein Anspruch auf Jahressonderzahlung bei Ausscheiden vor Stichtag Das LAG Mecklenburg-Vorpommern entschied, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine tarifliche Jahressonderzahlung für das Jahr 2023 hat. Dies ergab sich für das Gericht aus der Auslegung der entsprechenden tariflichen Regelung (§ 15 des Tarifvertrags). Das Gericht stellte zunächst fest, dass die konkrete tarifliche Regelung der Jahressonderzahlung eine Stichtagsregelung darstellt. Zwar wurde in § 15, nachdem Mitarbeitende mit dem Novemberentgelt eine Jahressonderzahlung erhalten, dem Wortlaut nach kein konkreten Stichtag, zu dem das Arbeitsverhältnis bestehen müsse, genannt, die Auslegung ergab für das LAG Vorpommern aber, dass die Tarifnorm als Stichtagsregelung zu verstehen sei. Die Formulierung "... erhalten mit dem Novemberentgelt …" setze voraus, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin ein Entgelt für den Monat November erhält, was wiederum ein bestehendes Arbeitsverhältnis, zumindest an einem Novembertag, voraussetze. Damit regelten die Tarifvertragsparteien nach Meinung des Gerichts nicht nur die Fälligkeit des Anspruchs, sondern hätten auch eine Bedingung für den Anspruch festgelegt. Differenzierung verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz Solche tarifvertragliche Stichtagsregelungen sind grundsätzlich zulässig, betonte das LAG Mecklenburg-Vorpommern in der Urteilsbegründung. Die Differenzierung zwischen Arbeitnehmern, die vor dem Stichtag ausscheiden, und Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis am Stichtag noch besteht, verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Vielmehr sei die unterschiedliche Behandlung grundsätzlich sachlich gerechtfertigt, wenn die Jahressonderzahlung auch die Betriebstreue der Beschäftigten belohnen solle. Dass die Betriebstreue bei der Jahressonderzahlung vorliegend eine Bedeutung haben sollte, war für die Richter eindeutig. Um eine einfach zu handhabende Regelung zu treffen, hätten die Tarifvertragsparteien eine Betriebstreue bis November, also im weit überwiegenden Teil des laufenden Jahres genügen lassen. Dies reiche als hinreichender Anreiz für Beschäftigte zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere im Hinblick auf die Sonderzahlung des nächsten Jahres. Keine anteilige Sonderzahlung Auch wenn der Arbeitnehmer noch bis Ende August 2023 für das Unternehmen tätig war, erkannte das LAG Mecklenburg-Vorpommern keinen anteiligen Anspruch auf die Jahressonderzahlung. Dass die Tarifvertragsparteien -anders als für das Eintrittsjahr- für das Austrittsjahr eben keine Quotelung nach Monaten geregelt hätten, zeige, dass sie erkennbar nicht die Absicht gehabt hätten, Mitarbeitenden im Jahr ihres Ausscheidens eine anteilige Jahressonderzahlung zukommen zu lassen. Hinweis: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.1.2025, Az. 5 SLa 115/24
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